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Auszeit im 500 Jahre altem „Zum Heidkrug“

Auch Eltern müssen sich mal erholen. Wir haben kurz Urlaub gemacht, gar nicht weit weg und für rund 24 Stunden – in einem der schönsten und ältesten Häuser Lüneburgs.

Wer Kinder hat, der kennt das: Nie einen Satz ohne Unterbrechung zu Ende sprechen zu können. Mit dem Partner einmal ungestört sein – vielleicht zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens? Immer ist irgendwas: Der Kleine hat ne Rotznase und quengelt. Die Große ist gerade schwer pubertär und chronisch schlecht gelaunt. Da ist die Sehnsucht nach etwas Ruhe und Zweisamkeit groß. Höchste Zeit also einmal buchstäblich auszubrechen und einen Abend inklusive Nacht nicht Eltern sein zu müssen. Wir hauten ab, aber nicht weit weg.

Herberge bereits im Mittelalter

Wir betreten das Hotel und Café „Zum Heidkrug“ durch die dicke Eichentür und befinden uns augenblicklich in einer anderen Welt: 500 Jahre alte Deckenbalken und Mauerwerk vermitteln den Eindruck, wie schön und imposant dieses Haus bereits im Mittelalter gewesen sein muss. Erbaut im 16. Jahrhundert, war es schon damals Herberge für Reisende und Händler. Der Mix aus Historie und moderner Einrichtung strahlt Gemütlichkeit aus. Das Haus Am Berge Nummer 5 ist genau der richtige Ort, um für knapp 24 Stunden unter zu tauchen.

Bilder: Julia Steinberg-Böthig

„Da das Haus so alt ist, hat jedes Zimmer einen ganz individuellen Zuschnitt und ist entsprechend eingerichtet“, sagt Gana Jeganmohan, der das Hotel und Café mit seiner Partnerin Saskia betreibt.
Wir bekommen die Gartensuite, das einzige der insgesamt acht Zimmer mit eigenem kleinen Innenhof. Wie schade, dass es um diese Jahreszeit schon viel zu kalt ist, um dort abends zwischen den hohen Jahrhunderte alten Mauern zu sitzen, noch einen Wein zu trinken, in die Sterne zu schauen und den leisen Geräuschen der Stadt zu lauschen.

Die andere Seite unserer Suite grenzt an einen weiteren Innenhof, und dort gibt es einen kleinen Weihnachtsmarkt! Versteckt und nur für Leute, die das Schild draußen am Eingang auch lesen, findet der Gast hier etwas abseits vom trubeligen Weihnachtsgewusel in der Stadt eine ruhige Oase. Das Betreiberpaar Gana und Saskia bieten dort selbst gemachten Glühwein, Hot Aperol, heiße Schokolade, selbstgemachte Waffeln und Erbsensuppe in lauschiger Umgebung mit dezenter Weihnachtsmusik, Tannengrün und Lichterketten.

Innenhöfe voller Überraschungen

Nach dem Blick aus unserem Fenster auf den Innenhof, hält uns nichts mehr in unserem gemütlichen Zimmer. Wir müssen unbedingt einen Glühwein auf dem Hinterhof-Weihnachtsmarkt des Heidkrugs probieren.

Gana empfiehlt uns zum Abendessen seine hausgemachte Lasagne. Die gibt es in drei Varianten: klassisch, veggi und vegan. „Die beste in der Stadt“, verspricht der Koch. Das werden wir auf jeden Fall testen. Das „Zum Heidkrug“ ist schon lange ein Ort der guten Küche: Bis Ende 2014 bot Michael Röhm fünfzehn Jahre lang Sterneküche. Danach wurde es still um das Haus im Herzen der alten Salzstadt. Sechs Jahre lang stand es leer, bis 2020 neue Betreiber einzogen. Seit knapp einem Jahr haben Gana und Saskia das Ruder übernommen: Acht Zimmer im Hotel und ein Restaurantbetrieb von mittwochs bis sonntags. Dann gibt es Frühstück, Mittag und abends gern auch rustikale Fingerfood-Bretter – nicht nur für Hotelgäste.

Im verwinkelten Gastraum genießen wir eine wirklich sehr gute Lasagne und schmieden Pläne für den noch jungen Abend. Spontan entscheiden wir uns für einen Besuch im Theater Lüneburg. Da der Heidkrug mitten in der Innenstadt liegt, verbinden wir unser Ziel mit einem gemütlichen Spaziergang durch die festlich beleuchtete Innenstadt.

Zeit zu Zweit

„Wann waren wir zuletzt im Theater?“, frage ich meinen Mann. Er kann nur mit den Schultern zucken. Seitdem unser mittlerweile vierjähriger Sohn überraschend und ungeplant in unser Leben gepurzelt ist, bleiben wir abends meist zu Hause. Deshalb genießen wir das Hier und Jetzt besonders.

Nach dem Theater lassen wir uns noch weiter durch die Stadt treiben, bevor wir zurück ins Hotel wandern. Herein kommen wir mit einem Zahlencode. Das Café und der kleine Weihnachtsmarkt haben längst geschlossen. Ich schaue sehnsüchtig auf die sehr lecker aussehenden Kuchen und Torten in der Vitrine direkt gegenüber der Eingangstür. „Du willst Dir doch jetzt nicht ernsthaft Kuchen klauen“, flüstert mein Mann scherzhaft. „Würde ich gern“, sage ich seufzend, „ich bräuchte aber einen Kaffee dazu und weiß nicht, wie die Maschine angeht“, ergänze ich scherzhaft. Es bleibt beim sehnsüchtigen Anblick.

Backstein, Efeu und verwunschene Winkel

Im Zimmer kann ich nicht widerstehen und gehe hinaus in den Innenhof. Ganz verwunschen wirkt das Quarree. Efeu rankt die haushohen Mauern hinauf. In einem Winkel erkenne ich einen Torbogen – zugemauert. Auf der anderen Seite nehme ich eine flüchtige Bewegung wahr und erschrecke ein wenig. Ich sehe mich selbst in einem mannshohen Spiegel, der an der Mauer hängt und muss lachen. Puh, das wahr doch ein bisschen gruselig!

Der kleine Innenhof unserer Gartensuite bei Tageslicht.

Am nächsten Morgen wartet im Gastraum bereits ein Frühstück auf uns. Wir schmieden noch ein paar Pläne für die verbleibenden Stunden bis Mittag. Dann erwarten uns unsere Kinder zurück. Wir bestellen noch einen Kaffee und genießen noch ein bisschen die Atmosphäre in einem Haus, das schon vor einem halben Jahrtausend Gäste beherbergt hat.

Unsere Serie „in fremden Betten“

Für die einen eine schöne Erfahrung, für die anderen ein notwendiges Übel: Wer für mehrere Tage verreist, der übernachtet naturgemäß nicht im eigenen Bett. Egal, ob Hotel, Pension, Tiny House, Baumhaus, Hausboot oder umgebaute Industriehalle – ich habe mich freiwillig in fremde Betten begeben und stelle dir die schönsten, aufregendsten, erholsamsten und seltsamsten Übernachtungsmöglichkeiten vor. Wenn dir das gefällt, lies doch gleich auch unseren Bericht über das wunderschöne Hotel Van der Valk in Hildesheim oder über das destinature Dorf in Hitzacker.

Weitere Infos findest du hier:

So kommst du hin:

Vom Bahnhof sind es nur etwa 10 Gehminuten bis in die Innenstadt und zum Hotel.
RE3, RB31
Lüneburg

Julia vom metronom

Julia ist seit mehr als 20 Jahren freiberufliche Journalistin. Sie liebt Ausflüge, gutes Essen und ihre Familie. Mit ihnen unternimmt sie nahezu jedes Wochenende Kurztrips in die Region, über die sie dann gern auch schreibt.

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