Im Foyer geht die Sonne auf, obwohl der Regen draußen gerade stetig an die großen Fenster des Neubaus klatscht und einheitliches Grau die vorherrschende Tagesfarbe ist. Doch drinnen lässt einen der argentinische Maler Aldo Luongo durch seine Bilder warme Sonnenstrahlen auf der Haut spüren, Salzwasser in die Nase steigen und den warmen Sand zwischen den Zehen kitzeln. Gleich zwei Lithographien hat Kunstsammler Henning J. Claassen von ihm erworben. „Genau deshalb mag ich die Bilder, sie haben den Sommer eingefangen“, so Claassen. Seit vergangenem Jahr hat der Lüneburger Unternehmer seiner Sammelleidenschaft in einem neuen Kunstmuseum am St.-Ursula-Weg in Lüneburg ein Zuhause gegeben.

Kein klassisches Kunstmuseum
„Ach, da hat Herr Claassen wohl seine Jacke hängen lassen“, mag so mancher Besucher vermuten, wenn er durch das Foyer geht und auf dem Weg in die erste Etage die lederne Bomberjacke erblickt, die da lässig an der Wand hängt. Täuschend echt sieht die Bronze-Skulptur von Scott Hansen aus. „Mir ging es damals im Atelier von Hansen ähnlich“, erinnert sich Henning J. Claassen lächelnd. „Ich dachte, warum hängt die Jacke zwischen all den anderen Bildern und Skulpturen? Das passt doch nicht.“ Als der Künstler den Irrtum aufklärte, hat Claassen die Skulptur prompt erworben.

Henning J. Claassen folgt in seiner Sammelleidenschaft für Kunst keinem bestimmten Muster. „Ich kaufe, was mir gefällt, ungewöhnlich ist oder mich auf irgendeine Art anspricht“, sagt er und so will er seine Sammlung auch der Öffentlichkeit präsentieren. „Das hier ist ein kein klassisches Kunstmuseum. Es soll einfach nur begeistern. Der Besucher muss nicht unbedingt Ahnung von Kunst haben – muss man ja auch nicht, um Dinge schön zu finden.“ Sein erstes Bild kaufte er im Alter von 19 Jahren von seinem Taschengeld, als er gerade auf Klassenfahrt in England war. Er schenkte es seiner Mutter. Jahrelang hing das Bild im Klavierzimmer.
Spektrum aus 50 Jahren zeitgenössischer Kunst
Auf seinen beruflichen Reisen trug Henning J. Claassen in 50 Jahren eher wahllos nach Lust und Gefallen eine bunte Mischung aus Bildern und Skulpturen aus fünf Kontinenten zusammen. So entstand ein Spektrum aus einem halben Jahrhundert zeitgenössischer Kunst. Allerdings ist nur ein Teil seiner Sammlung in Lüneburg zu sehen.

Auch Werke von Armin Müller-Stahl (John Lennon), Salvador Dali (Gebirgsszene), Roy Lichtenstein (Skipboard Girl), Pablo Picasso (Der Alter König) und Banksy (Trolly Hunters) hängen neben Fotografien und Bildern eher unbekannter Künstler im Kunstmuseum. Alle vereint das „gewisse Etwas“. Sei es das Spiel der Farben, wie bei Nicolaos Schützes „llusions“ oder das Motiv selbst, wie bei Johannes Cordes, der aus 2.000 Gummibärchen eine „Bärilyn“ schuf. Oder eine Skulptur, die zum Nachdenken anregt. So wie die von Penny Byrne: „Last Iceberg-Water“ thematisiert den Klimawandel und die Ausbeutung unseres Planeten, auf dem Verschluss einer Flasche mit Wasser thront ein einsamer Eisbär.
Die Kunstsammlung Henning J. Claassen ist von Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt: 4 Euro.