Bild: Anika Werner
Ausflugstipp

Handgemachtes Bier aus Bremen

Wie Bier von Hand gebraut wird, was es mit dem Reinheitsgebot auf sich hat, warum Malz plötzlich seinen Geschmack verändert und wieso das kühle Blonde beim Abfüllen überschäumt: Das und mehr erfährst du beim Bierseminar in der „Freien Brau Union Bremen“. Wir haben es für dich ausprobiert.

Im Sudhaus sitzt Guide Philipp Lange zwischen zwei Braukesseln. 2.000 Liter Bier werden hier in einem Durchgang gebraut. Um 1907, als die Union Brauerei Bremen von Bremer Wirten betrieben wurde, war der Betrieb zehnmal so groß. „Da waren es noch 200 Hektoliter, also 20.000 Liter. 21 Gastronomiebetriebe wurden damit versorgt.“ Aber im Jahr 1968 war es zunächst vorbei mit der Geschichte der traditionsreichen Brauerei. Bis ein paar findige Gründer kamen.

So geht Craft Bier

Wie in ganz Deutschland gab es früher eine Menge Brauereien in der Stadt: In Bremen wurden 1748 ganze 35 Brauereien gezählt. Im Jahr 2014 gab es für 550.000 Einwohner nur noch drei. „Zu wenig“, dachten sich Doreen Gaumann, Lüder Kastens und Markus Zeller und bereichern seitdem die Stadt um eine weitere Brauerei. Das Besondere: Jeder Schluck ist feinste Handarbeit. Philipp erklärt bei der Brauerei-Führung: „Das beginnt schon, wenn das Malz geliefert werden. 25-Kilo-Säcke werden mit Muskelkraft in ein Big Bag gelegt, dann mithilfe einer Seilwinde auf den Dachboden gehoben und wieder von Hand weggestapelt. Die Brauanlage selbst ist halbautomatisch, das heißt, Malz und Hopfen müssen von Hand eingefüllt werden.“

Rezepte für jeden Geschmack

Philipp erklärt die Ursprünge des Deutschen Reinheitsgebots von 1516: „Das Bier darf nur aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser bestehen. Damals haben die Menschen viel ausprobiert und sich mit Tollkirschen vergiftet. Deshalb wurde das Reinheitsgebot beschlossen.“ Im Sudhaus riecht es deutlich nach Malz, sanftes Summen kommt von den großen Tanks. Hin und wieder taucht ein Brauer auf, tippt auf einen Bildschirm, dreht an diversen Hähnen und verschwindet wieder hinter den Kesseln. „Bier brauen ist viel Saubermachen und Warten“, sagt Philipp. Zu Hause braut er selbst und experimentiert gern mit eigenen Rezepten. Da geht auch mal was schief. Kumpels, die sonst immer gern probieren, schütteln dann mit dem Kopf. „Das ist jetzt dein Bier“, heißt es dann.

Im großen Stil wird natürlich nicht einfach so wild drauf los experimentiert. Aber auch die „Freie Brau Union Bremen“ hat eigene Rezepturen und Sorten entwickelt wie das „Immer Bock“. Das heißt so, weil die Nachfrage nach Bockbier nicht nur im Mai da ist.

Philipp lotst uns auf den Dachboden, auf dem das Malz in großen Säcken lagert. Er reißt einen Sack auf, jeder Gast darf kosten. Mich erinnert der Geschmack an Müslikekse. Erst schmecken sie nach Brot, dann werden sie süß. Philipp bestätigt: „Durch das Kauen und die Körperwärme werden Enzyme frei, die Stärke in Zucker zerlegen. Dadurch wird das Malz süß. Genau das gleiche passiert beim Bier brauen.“ Der Lieferant bietet viele verschiedene Sorten Malz an, die ganz unterschiedlich schmecken und dem Bier jedes Mal eine andere Würze geben und für die Geschmacksvariationen sorgen.

10.000 Flaschen Bier pro Tag

Als wir wieder an den Braukesseln vorbeigehen, tut sich etwas. Es rauscht und plätschert, pfeift, zischt und rumort. Der Brauer hat den nächsten Vorgang gestartet. Philipp führt uns in den Gärkeller, der aber gar nicht im Unter-, sondern im Erdgeschoss liegt. „Nach dem Gären lagert das Bier hier bei minus 0,5 Grad. Und bevor man es elektrisch herunterkühlen konnte, wurde dafür der Keller genutzt und mit Schnee vollgeschippt“, erklärt er. Ich rümpfe die Nase. Hier riecht es wie in der Kneipe am Tag nach der Party, wenn das verschüttete Bier in die Holzdielen eingezogen ist. Nicht so appetitlich, aber das muss so, damit nach zwei Monaten leckeres Bier herauskommt. Dieses wird im nächsten Raum in Flaschen abgefüllt. „Klingt simpel, aber was passiert häufig, wenn du dir ein Bier einschenkst? Richtig, es schäumt.“ Philipp verrät auf der Führung auch den Trick, wie die Mitarbeiter es schaffen, 10.000 Flaschen Bier am Tag schaumfrei abzufüllen.

Am Ende gibt es ein Biertasting. Philipp serviert klare, helle, trübe, dunkle und rote Biere. Sie riechen und schmecken tatsächlich sehr unterschiedlich, von fruchtig, über süß bis herb. Dazwischen gibt es Brot, Käse, Pulled Pork und Schokolade, um den Geschmack zu neutralisieren. Wir Besucher können anhand eines Flyers ganz fachmännisch mitdiskutieren und versuchen zu erraten, was gerade im Glas ist. Guide Philipp klärt uns am Ende auf: Swabbie, Kräusen, Wariana und Hanseat 2.0. waren das unter anderem. Letzteres schmeckt mir besonders gut und auf dem Heimweg durch die Innenstadt stelle ich fest: Biergenuss bietet auch einen gewissen Frostschutz, denn mir ist trotz der Minusgrade nicht kalt.

Weitere Infos findest du hier:

So kommst du hin:

Mit der Straßenbahn Linie 10 erreichst du nach neun Minuten die Haltestelle „Gustavstraße“. Von hier aus sind es rund fünf Minuten zu Fuß bis zur „Freien Braun Union Bremen“ in der Theodorstraße 13.
RE4, RB41
Bremen

Anika Werner vom metronom

Anika genießt das Landleben in Radbruch. Am liebsten erkundet sie mit ihrer Familie und den Hunden Dexter und Didi die Natur oder bestaunt auf Städtetrips Architektur und Geschichte.

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