Die Reise beginnt 1751 auf dem Wochenmarkt: Hier es gibt keine Autos, stattdessen Hufgetrappel auf den Straßen. Der Guide aus dem Hörspiel schickt die Hörer durch den „Zeittunnel“ zur Kurzen Straße. Dabei malt er Bilder in die Köpfe der Zuhörer, die nicht immer schön sind. „Damals gab es keine Kanalisation und es stank fürchterlich in den Städten. Das zog Ratten, Mücken und Fliegen an, und es wurden viele Krankheiten übertragen.“

Mit den Beinen in der Gegenwart, mit den Gedanken in der Vergangenheit
Wer im Hier und Jetzt in Göttingen Kopfhörer nutzt, hört nun kaum noch die Motorengeräusche der Autos in der Gegenwart, stattdessen Hundegebell, Hufgetrappel, ein Husten und Geklapper. Bettler fragen nach Pfennigen. Es geht weiter nach „klein Paris“. Die romantische Vorstellung wird schnell aufgelöst: Das Viertel erhielt seinen Namen durch die Prostitution. In der armen Gegend treiben sich Bettler und komische Menschen herum, die Reiche bedrängten. Hier treffen die Hörer auf den arroganten Studenten Johann, der sich erst einmal mit einem großen Mann anlegt, der ihm nicht ausweicht. Die Auseinandersetzung bleibt verbal, der Student bekommt sein „Gossenrecht“, bei dem der niedere Stand dem höheren in die Pfützen ausweichen muss.
Gänseliesel – das meist geküsste Mädchen der Welt
Johann ist auf dem Weg zu einer Vorlesung von Albrecht von Haller in seinem Privathaus, wie es damals üblich war. Der Mediziner, Naturforscher und Dichter gehört zu den bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts. Johann und sein Freund Frank kommen zu spät zum Haus. Drinnen sind alle Plätze belegt. Damit noch ein paar Studenten mehr zuhören können, hat der Professor seine Fenster geöffnet. Zu Sehen bekommen sie aber nichts, sodass sich die Studentenfreunde über die nächtlichen Feiern auf dem Marktplatz unterhalten und die Vorlesung sausen lassen. Wer hier steht, begegnet dem Gänseliesel. Obwohl es 1926 verboten wurde, küssten frisch promovierte Doktoren die Brunnenfigur, die als meist geküsstes Mädchen der Welt gilt.
Das Accouchierhaus – erste Geburtsklinik im deutschsprachigen Raum

Nun begegnen Zuhörer Ende des 18. Jahrhunderts zwei Mägden, die von ihrer geschätzten Kollegin Magdalena sprechen. Diese wurde ungewollt schwanger und wurde von ihrer Familie und dem Professor, dem sie diente, verstoßen. Um nicht auf der Straße ihr Kind zu bekommen, gab es nur eine Möglichkeit: Sie musste ins Accouchierhaus. Die erste Geburtsklinik im deutschen Sprachraum wurde 1791 in Göttingen gegründet. Hier konnten Frauen unter ärztlicher Aufsicht ihre Kinder zur Welt bringen. Mittellose Frauen mussten sich als Übungs- und Anschauungsobjekte für die medizinische Ausbildung der Ärzte und Tests mit Neuentwicklungen, wie Geburtszangen oder Saugglocken zur Verfügung stellen. Für das mittellose Dienstmädchen Magdalena war das Angebot alternativlos. Gesellschaftlich geächtet konnte sie ihr Kind diskret gebären und wurde im Wochenbett versorgt.
Im ehemaligen Accouchierhaus befindet sich seit 1989 das musikwissenschaftliche Seminar. Und hier endet die kleine Zeitreise mit Johann, seinen Freunden, Albert von Haller, der schwangeren Magdalena und den Hörern dieser ungewöhnlichen Stadttour.