Museum und Universität in einem
Vor einem Jahr wurde das neuartige Wissenschaftsmuseum an der Georg-August-Universität Göttingen eröffnet. Es verknüpft die klassischen Aufgaben eines Museums – Sammeln, Erhalten, Erschließen und Vermitteln – mit denen der Universität – Forschen und Lehren. Im „Forum Wissen“ geht es darum, aufzuzeigen, wie Wissen entsteht.
„Der Weg zu dem Ergebnis und nicht das Ergebnis selbst, ist hier das Thema“, erklärt Josefine Neidhardt. Die Masterstudentin der Archäologie im fünften Semester führt die Gäste durch die Basisausstellung. Auf 1.400 Quadratmetern wird von der Geschichte bis in die Gegenwart dargestellt, dass das Wissen-Schaffen geprägt ist von gesellschaftlichen Machtverhältnissen, politischen Standpunkten, Konventionen und persönlichen Perspektiven. So „erzählen“ ausgestellte Schränke vom Zwang des Menschen, alles ordnen zu müssen. Ein überdimensionaler Schreibtisch ist der Ort, wo oftmals Wissen entsteht. Das Pendant dazu ist das Atelier, wo Wissen visualisiert wird. Am Ende steht die Werkstatt, als Ort der Wissensaufbereitung, und der Hörsaal als Sinnbild der Wissensvermittlung.

Von Kolonialmächten und Wissensblasen
„Wissen ist häufig geprägt durch politische und persönliche Gegebenheiten“, sagt Josefine Neidhardt und deutet auf eine Reihe von Pappkartons. Diese wurden früher zur Aufbewahrung von Schädeln genutzt. Heute nimmt das Forschungsprojekt „Sensible Provenienzen“ die Herkunft dieser sterblichen Überreste, die Umstände ihres Erwerbs, ihren Transfer und ihre Transformation zu „Wissensdingen“ in akademischen Sammlungen sowie ihre Verwendung für Lehre und Forschung in den Blick, erklärt die Studentin.
Ein paar Räume weiter treffen im „Salon“ Meinungen und Positionen aufeinander. „Hier wird diskutiert“, sagt Josefine Neidhardt und lässt die Besucher in den Kugel-Hänge-Sesseln Platz nehmen. Was in diesem Raum deutlich vermittelt wird: Wissenschaft braucht Austausch und lebt vom Ringen um die besten Argumente. Aktuelle Themen können hier als interaktives Hörspiel angewählt und als Debatte gehört werden. Anschaulich vermitteln die so genannten Bubblechairs unterschiedliche Positionen. Nur wer seine eigene „Bubble“ verlässt, kann buchstäblich eine neue Position einnehmen, um weitere Perspektiven kennenzulernen.
Holzweg Wissenschaft?

Gegen Ende des rund eineinhalbstündigen Rundgangs befindet man sich „auf dem Holzweg“. Der Raum verdeutlicht, dass der Weg des Forschers und des Wissen Schaffenden selten gerade, sondern meist im Zickzack verläuft. „Häufig erreichen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihr Ziel nur über Umwege, Abzweigungen und mehrmalige Anläufe“, so Josefine Neidhardt. „Ob sie auf der richtigen Spur sind, in Sackgassen geraten oder auf ganz andere Ergebnisse zusteuern, bleibt oft über lange Strecken ungewiss.“
Zuletzt beeindruckt der rund vier Meter hohe Bücherturm mit mehr als 2.000 Büchern. Diese Bibliothek beendet die Reihe der Räume rund um das Wissen schaffen. Sie steht für Speicher und Generator von Wissen und ist Sinnbild für die Wissenschaft.

Das „Forum Wissen“ ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.